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Zum 80. Geburtstag Kardinal Meisners

Meisner_Porträt_quer
Datum:
19. Dez. 2013
Von:
PEK/ he (mit Material von domradio.de, Kirchenzeitung Köln und Histor. Archiv)/ StA Kommunikation

Als Priester, Erzbischof und Kardinal weiß er sich immer in der Verantwortung für die Kirche und die ihm anvertrauten Menschen. Diese Verantwortung hat er sein Leben lang wahrgenommen, auch wenn das oft nicht bequem war: Am 25. Dezember 2013 vollendete der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner sein 80. Lebensjahr.

 

Ereignisreiche Flucht aus der Heimat


Joachim Meisner wird am 25. Dezember 1933 als zweiter von vier Söhnen der Eheleute Hedwig und Walter Meisner in Breslau, Deutsch Lissa, geboren (Deutsch Lissa gehörte seit 1928 zur Stadt Breslau). Als Kind habe er das Datum seiner Geburt gar nicht gemocht, so Meisner, denn sein Geburtstag habe selbstverständlich hinter dem Fest der Geburt Christi zurückstehen müssen – "Extrabehandlung gab’s für mich nicht". Die Eltern führen ein Einzelhandelsgeschäft. Der Vater fällt im Krieg. 1945 muss die Familie vor der heranrückenden Roten Armee fliehen; das Auto, erinnert sich Meisner, versagte schon kurz hinter der Stadtgrenze seinen Dienst. Zu Fuß und mit der Bahn gelangt die Familie schließlich nach Körner in Thüringen.

"Ich erinnere mich noch sehr gut: Als wir nach unserer ereignisreichen Flucht aus meiner Heimatstadt Breslau dann schließlich im Frühjahr 1945 in Körner, einem kleinen thüringischen Ort, am Bahnhof ankamen, trat ein Mann mit einem dunklen Anzug auf uns zu und fragte, ob es unter den Ankommenden auch katholische Christen gäbe. Darauf meldeten wir uns. Er stellte sich als der zuständige katholische Priester vor und lud uns ein, am nächsten Sonntag in die evangelische Kirche zur hl. Messe zu kommen. Wir waren seit der Reformation die ersten Katholiken in diesem Dorf und hatten deshalb auch keine eigene Kirche." Bei dieser Begegnung habe seine Großmutter bemerkt: "Hier werden wir leben können! Hier gibt es einen Priester!" Dieser Geistliche war der Kölner Diözesanpriester Herbert Böttcher; er kam 1943 ursprünglich als Seelsorger für ausgebombte Kölner in die Nähe von Erfurt und blieb schließlich dort.

 

Früher Wunsch: Priester werden


In der Schulzeit werden die katholischen Meisners in der evangelisch geprägten Umgebung wegen ihrer vielen schulfreien Feiertage beneidet, schmunzelt der Erzbischof rückblickend. 1948 macht er den Schulabschluss und tritt danach eine Lehre als Bankkaufmann in Körner an. Früher habe er immer gedacht, die drei Jahre in der Bank seien verlorene Jahre gewesen, so Meisner. Heute sitze er als Kardinal in vatikanischen Finanzgremien, und die Kollegen dort seien immer wieder über seine Sachkenntnis in finanziellen Dingen erstaunt. "Im Nachhinein hat sich gezeigt, dass ich damals auf Dinge vorbereitet worden bin, die Jahrzehnte später noch bedeutsam für meine Arbeit werden sollten." Tatsächlich steht für ihn seine Priesterberufung seit langem fest: Schon mit fünf oder sechs Jahren, erinnert er sich, habe er den Eltern seinen Wunsch eröffnet Priester zu werden. "Ich wäre auch sofort in Richtung Priestertum aufgebrochen, doch ich hatte keine Möglichkeit, das Abitur zu machen. Weil es bei uns keine Oberschule gab, hat der Leiter der örtlichen Bank zu meiner Mutter gesagt, den Joachim, den könnten wir in der Bank gut brauchen." 1951 bewirbt er sich um Aufnahme in das Spätberufenen-Seminar Norbertuswerk Magdeburg, holt dort das Abitur nach und studiert von 1959 bis 1962 in Erfurt Katholische Theologie und Philosophie.


Am 8. April 1962 wird der junge Theologe in Neuzelle von Bischof Ferdinand Piontek, Apostolischer Administrator von Görlitz, zum Diakon geweiht, die Priesterweihe in Erfurt folgt am 22. Dezember des gleichen Jahres durch Weihbischof Josef Freusberg aus Erfurt. "Saukalt" sei es damals gewesen, so der Jubilar, minus 22 Grad. Die Autos seien nicht angesprungen, und Schneeverwehungen hielten Mutter und Geschwister so sehr auf, dass sie erst in der Kirche ankamen, als die Feier fast vorbei war. Bei der Primiz am darauffolgenden Tag in Körner funktionierte die Orgel nicht und auch die Blechbläser brachten vor lauter Kälte keinen Ton heraus. Damit nicht genug: Als Schikane hatten die kommunistischen Machthaber das Dorf kurzerhand zum Sperrgebiet für auswärtige Besucher erklärt, weil dort angeblich die Schweinepest grassiere. Aber von der "kommunistischen Bande" so Meisner, habe er sich in all den Jahrzehnten in der DDR nie beeindrucken lassen. Gleichwohl bemüht er sich schon als Bischof von Berlin besonders um die Aussöhnung mit Polen, Tschechen und Slowaken.

 

Stoff für den ersten Talar kam aus Köln


Kurioserweise hat das Erzbistum Köln den Jungpriester Meisner gewissermaßen "eingekleidet": In den 1960er Jahren gab es in Westdeutschland viele Initiativen zur Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern in der DDR. Besonders der Kölner Generalvikar Josef Teusch (1952-1969), verstorben 1976, war stets zu großzügigen und unbürokratischen Aktionen bereit. Der schon genannte Pfarrer Herbert Böttcher bat Generalvikar Teusch um Stoff für einen Anzug und Talar. Nach Angabe der Maße des Weihekandidaten erhielt der heutige Erzbischof und Kardinal im Mai 1961 aus Köln zunächst schwarzen Anzugsstoff für Sakko, Hose und Weste und später noch für einen Talar. Er bedankte sich per Postkarte vom Erfurter Dom – sie ist heute noch im Archiv vorhanden – bei Teuschs Sekretariatsmitarbeiter Joseph Will für den "großartigen Stoff", über dessen vorzügliche Qualität sein Schneider gestaunt habe. Unterzeichnet sind die Dankeszeilen mit "Dein Jochen Meisner".


Von 1963 bis 1966 wirkt Meisner als Kaplan in Heiligenstadt (St. Ägidien) und Erfurt (St. Crucis). Anschließend ist er bis 1975 Rektor im Caritasverband Erfurt. Er unterrichtet am Seminar für Kindergarten-Erzieherinnen und wirkt als Spiritual für die Mitarbeitenden in katholischen karitativen Institutionen. In diese Zeit fällt auch seine Promotion zum Dr. theol. im Jahr 1969 mit einer Dissertation über "Nachreformatorische katholische Frömmigkeit in Erfurt" an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.


Am 25. März 1975 wird Meisner von Papst Paul VI. zum Titularbischof von Vina und Weihbischof in Erfurt/Meiningen ernannt; am 17. Mai 1975 folgt seine Bischofs-weihe durch den Erfurter Bischof Hugo Aufderbeck. Doch nur fünf Jahre wirkt er als Weihbischof. Schon am 25. April 1980 ernennt ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Berlin. Am 17. Mai des gleichen Jahres nimmt er den dortigen Bischofsstuhl in Besitz. Die Bischöfe der damaligen Berliner Bischofskonferenz – sie war wegen des Eisernen Vorhangs von den westdeutschen Diözesen getrennt – wählen ihn am 7. September 1982 zu ihrem Vorsitzenden. Am 5. Januar 1983 schließlich ernennt ihn der Papst zum Kardinal (Erhebung in den Kardinalsrang am 2. Februar). Damit übernimmt Meisner auch weltkirchliche Mitverantwortung: Im Vatikan ist er Mitglied der Kongregation für die Bischöfe; der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung; der Kongregation für den Klerus, des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte; der Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls; des Kardinalsrates zum Studium der organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen des Apostolischen Stuhls und des Obersten Komitees der Päpstlichen Missionswerke.

 

Acht Jahre Bischof im geteilten Berlin


Gut acht Jahre ist Kardinal Meisner Bischof in der geteilten Stadt Berlin. Am 20. Dezember 1988 folgt die nächste und für ihn letzte "Versetzung": Der Papst ernennt ihn zum Erzbischof von Köln. Dort wird er am 1. Fastensonntag des Jahres 1989, dem 12. Februar, eingeführt. Auch in der Deutschen Bischofskonferenz übernimmt er wichtige Aufgaben: Er ist Vorsitzender der Liturgiekommission und der Unterkommission für Mittel- und Osteuropa; Vorsitzender der Solidaritätsaktion RENOVABIS, des Osteuropa-Hilfswerks der Katholischen Kirche; Mitglied der Kommission Weltkirche und schließlich Präsident der Bischöflichen Kommission "Ecclesia celebrans".


Im persönlichen Lebensstil bescheiden bis zur Anspruchslosigkeit, erhielt Kardinal Meisner zahlreiche öffentliche Ehrungen: so 1996 die Ehrendoktorwürde der Universität Breslau und 2005 die der Katholischen Universität Lublin; er ist Ehrenbürger von Trzebnica (dt. Trebnitz, Polen) und Levoca (dt. Leutschau, Slowakei). 1998 erhielt Meisner den Orden des Weißen Löwen III. Klasse der Tschechischen Republik und 2003 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband.

 

"Unser Hoffnung für euch steht fest"


Meisner machte in den acht Jahrzehnten seines Lebens immer wieder diese Erfahrung: Dem Glaubenden und der Kirche wie ihren Amtsträgern "weht der Wind ins Gesicht". Er vertritt um des Evangeliums und der Menschen willen auch Positionen, die ihm Kritik einbringen. "Auch in unserer Zeit ist die Frage nach Gott keineswegs erledigt. Fragend und suchend, aber auch kritisch ablehnend setzen sich die Menschen damit auseinander" – mit diesen Worten hat der Erzbischof gerade erst zum Glaubensforum am 11. Januar 2014 eingeladen. Auf die spannende Gottesfrage hat er sich nicht nur buchstäblich mit Leib und Seele eingelassen, sondern auch auf die Spannungen, die damit in einer pluralistischen Gesellschaft verbunden sind. Dies macht ihn zu einem der profiliertesten Vertreter der Kirche nicht nur in Deutschland und zu einem gefragten Gesprächspartner – wobei er seine Beiträge nicht den Erwartungen des Publikums anpasst, sondern immer das Ziel vor Augen hat, aus einem unerschütterlichen Glauben heraus Christus berührbar zu machen. "Unsere Hoffnung für Euch steht fest", lautet schließlich sein bischöfliches Motto, dem 2. Korintherbrief (1,7) entnommen.

Als größtes Ereignis in der Geschichte des Erzbistums Köln hat Kardinal Meisner den Weltjugendtag im August 2005 gewürdigt. In Köln habe sich eine junge Kirche mit einer inneren Vitalität gezeigt, die die Herzen vieler Menschen verwandelt habe; das Treffen sei von einer Jugend geprägt gewesen, "die sich wieder niederknien konnte, um den Herrn anzubeten". Daraus sei eine tiefe Glaubensfreude erwachsen. Diesen Glauben leidenschaftlich und authentisch zu bezeugen, ihn kraftvoll zu bekennen und weiterzugeben in der Folge der Generationen, dafür ist Joachim Meisner ein Priester- und Bischofsleben lang unverzagt eingetreten.

  

Kirchenzeitung Köln sucht nach persönlichen Geschichten

Die Redaktion der Kirchenzeitung ist daran interessiert, zu erfahren, wie Sie unseren Kardinal in den zurückliegenden 25 Jahren in persönlichen Begegnungen erfahren haben. Berichten Sie uns von diesen Treffen mit dem Menschen Joachim Meisner. Vielleicht haben Sie von dieser Begegnung auch noch ein Foto?
Text und Foto sollten die Redaktion bis Dienstag, 28. Januar, erreicht haben.
Bitte schreiben Sie an Kirchenzeitung Köln, Redaktion, Ursulaplatz 1, 50668 Köln.
Sie können auch eine E-Mail schicken an: redaktion@kirchenzeitung-köln.de

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